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Woher kommt das Glas? Ein Einblick in die Glas-Geschichte

Glas gab es schon lange, bevor der Mensch es herstellte. So entstand das Gesteinsglas Obsidian beispielsweise beim ersten Vulkanausbruch nach Abkühlung der Lava. Bei Meteoriteneinschlägen schmolz Gesteinsmaterial und wandelte sich zu glasigen Geschossen. Das Gewitter entlud sie über sandigen Gebieten und einschlagende Blitze machten daraus Quarzglas, sogenannte Fulgurite. Bereits die Menschen der Jungsteinzeit nutzten diese Glasarten, um Speerspitzen oder Amulette hertzstellen. Auch weiterhin diente es vorwiegend als Schmuck, erst im späten Mittelalter verarbeiteten die Menschen es zu Gefäßen. Aber seit wann gibt es eigentlich Glas? Woher kommt es? Und wer erfand das Glas? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir Ihnen in unserem Einblick in die Glas-Geschichte.

 

Glas-Geschichte von der Frühzeit bis zur Antike

Wie bereits erwähnt, haben Steinzeitmenschen bereits um 7000 vor Christus mit natürlichem Glas wie dem Obsidian gearbeitet. Mit seinen scharfen Kanten und der großen Härte nutzten Sie das Gesteinsglas für Messer, Schaber, Keile, Bohrer und andere Werkzeuge. Glas ist also ein Werkstoff mit einer jahrtausendealten Tradition, was die Glas-Geschichte sehr interessant und vielseitig macht.

Wo entstand die Glasherstellung?

Bis heute können Forscher nicht genau sagen, ob die Glasherstellung in Mesopotamien, Ägypten oder an der Levante-Küste seinen Ursprung hat. Die ersten vom Menschen produzierten Glasobjekte sind aus dem Jahr 3500 vor Christus. Die Glasperlen fanden Archäologen in Ägypten und dem östlichen Teil Mesopotamiens. Hier wurde vermutlich auch zeitgleich im 3. Jahrhundert vor Christus mit der technischen Glasherstellung begonnen.

Vermutlich entdeckten die Menschen in Mesopotamien das Glas als Glasur eher zufällig. Dem kalkhaltigen Sand fügten sie Soda hinzu. In einem überhitzten Ofen entstand eine farbige glasartige Schicht auf den Gefäßen aus Ton. Phönizische Kaufleute und Schiffer verbreiteten die Entdeckung im gesamten Mittelmeerraum.

Die erste Glasherstellung in Ägypten

Etwa 1500 vor Christus stellten die Ägypter erstmals Hohlglas her. Wo genau ist unbekannt, Forscher vermuten den Herstellungsort in Theben, dem heutigen Luxor. Es diente als Salben- und Ölbehälter. Das älteste und sicher zu datierende Glasgefäß ist ein Kelch. Er trägt den Namen des ägyptischen Pharaos Thutmosis III. und entstand um 1450 vor Christus. Dieser steht heute im Staatlichen Museum ägyptischer Kunst in München.

Ägyptische Handwerker entwickelten in dieser Zeit eine Methode, mit der sie Töpfe aus Glas herstellten. Dabei tauchten sie eine Sandform in geschmolzenes Glas und drehten die Form so, dass sich darauf eine Glasschicht bildete. Auf einer flachen Steinplatte rollten sie das heiße Glas aus und formten es zu Kelchen oder anderen Gefäßen.

Das erste Rezept für Glas

Das erste bekannte Rezept für Glas stammt übrigens aus dem Jahr 658 vor Christus und wurde aus der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal überliefert: „Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen und 5 Teile Kreide und du erhältst Glas.“ In dieser Zeit arbeiteten Handwerker bereits vermehrt mit Glas und entwickelten neue Schmelztechniken. Bis heute verwenden die Menschen im Wesentlichen die gleichen Rohstoffe, nur in anderen Mengenverhältnissen.

Glasherstellung in der Antike

In der Region Sidon-Babylon entdeckten syrische Handwerker zwischen 27 vor Christus und 14 nach Christus mittels einem Rohr das Glasblasen. Die Form des Rohrs hat sich bis heute kaum verändert. Die Römer nutzten diese Möglichkeit, Glas in verschiedenen Formen herzustellen. Die Herstellung von Glas gewann immer mehr an Bedeutung und so verbreiteten die Römer die Kunst in immer größeren Gebieten. Der entsprechende Handel blühte im Mittelmeerraum und in Westeuropa regelrecht auf. Über die Seidenstraße lieferten die Handwerker unter der Herrschaft von Kaiser Augustus Glaskunstwerke sogar bis nach China – obwohl diese bereits selbst Glas herstellten.

Glas im Römischen Reich

Etwa 100 nach Christus gelang in Alexandria erstmals die Schmelze von farblosem Glas. Mit den höheren Temperaturen und der besseren und kontrollierten Erhitzung steigerte sich auch die Qualität des Glases. Ungefähr zur gleichen Zeit nutzten die Architekten des Römischen Reichs gegossene Glasplatten als Fenster. Die optische Qualität war zwar noch nicht so ausgeklügelt, doch wichtige Gebäude und Villen zierten bald schon solche Glasfenster.

Während des Wachstums des Reichs veränderte sich die Glasware und erhielt je nach Region auch besondere Merkmale. Im östlichen Zentrum Alexandria schufen Handwerker luxuriöse Glaswaren für den Export wie zum Beispiel die berühmte „Portland Vase“. In Mittel- und Westeuropa wendeten die Menschen zwar häufig auch die Techniken aus dem Osten an, stellten aber eher Glasarmringe, Ringperlen und andere Schmuckstücke her.

Nachdem das Römische Reich verfiel stockten die Glasentwicklung sowie die Fortschritte in der Fertigung. Mit der Zeit verlor das Germanische Glaswerk die aufwendige Gestaltung und Zierlichkeit. Die Menschen entwickelten keine neuen Dekorationstechniken, manche gingen sogar verloren. So wurden auch die Gläser immer schlichter.

 

Glas-Geschichte: Vom Mittelalter bis zur Neuzeit

Bei Ausgrabungen auf der Insel Torcello (bei Venedig) fanden Archäologen Glaswaren aus dem späten 7. und frühen 8. Jahrhundert. An dieser sahen sie, dass sich die Produktionstechniken von der Antike zum Mittelalter stark änderten. Das Zentrum der Glas-Geschichte entstand im Mittelalter in Venedig, besonders auf der Insel Murano, die noch heute für ihr Glaskunst-Handwerk bekannt ist.

1000 nach Christus – neue Entwicklungsverfahren entstehen

Mit der Zeit entwickelten sich immer neuere Verfahren, mit denen Menschen Glas herstellten. Um 1000 nach Christus stellten Glasmacher im östlichen Mittelmeerraum immer größere Gefäße und Schalen her. Allerdings wurde es schwerer, die Materialien aus Ägypten und Syrien zu importieren. Vor allem Soda war davon betroffen. Dieses ersetzten die Menschen schließlich mit Pottasche.

Der Benediktinermönch Theophilus Presbyter beschrieb in „De diversis artibus“ die Glasherstellung, das Blasen von Flach- und Hohlglas sowie die Ofentechnologie. Er vermischte dafür Asche von getrocknetem Buchenholz mit gesiebtem Flusssand. Unter ständigem Rühren trocknete die Mischung im Ofen für einen Tag und eine Nacht. Anschließend füllte er es in einen Tiegel und schmolz es über Nacht unter starker Hitze. Vermutlich bildete dieses Glas die Grundlage der gotischen Kirchenfenster.

Glas-Geschichte im 11. Jahrhundert

Venedig war im 11. Jahrhundert bereits eine Handelsmetropole, doch entwickelte sich die Stadt nun auch zum Zentrum der europäischen Glasmacherkunst. Aber auch die Deutschen Glasmacher erarbeiteten eine Produktionstechnik für die Herstellung kleiner Glasplatten. Während sie in ein hohles Glas bliesen bewegten sie dieses vertikal hin und her. Aufgrund der Gravitation dehnte sich das Glas aus. Ein Zylinder fing es auf. Anschließend schnitten die Glasmacher das heiße Glas der Länge nach durch und drückten es flach. Die Venezianer verbesserten diese Technik im 13. Jahrhundert.

Entstehung der Glasfenster

Fenster mit runden Butzenscheiben

Im 12. Jahrhundert feierte das Fensterglas seinen Durchbruch. In Pompeji haben Ausgrabungen gezeigt, dass die Römer bereits im 1. Jahrhundert Thermen oder Villen mit Fensterglas verkleideten. Ab dem folgenden Jahrhundert verdrängte ein beidseitig glattes und dünnwandiges Fensterglas das vorherige dickwandige und kaum transparente Glas. Es entstand wohl im Zylinderblasverfahren, welches aber erst mit der aufkommenden Gotik im 12. Jahrhundert wirklich Verwendung fand. In Deutschland zählen das Kloster Tegernsee aus dem 10. sowie der Augsburger Dom mit den fünf Prophetenfenstern aus dem 9. Jahrhundert zu den ältesten Gebäuden mit Glasfenstern.

Bereits im vorderen Orient arbeiteten die Handwerker im vierten Jahrhundert nachweislich nach dem Mondglasverfahren. Doch die breite Anwendung in Europa begann erst um 1330 in Frankreich. Mit der Glasmacherpfeife bliesen die Arbeiter das Glas zu Kugeln. Diese heißen Glaskugeln befestigten sie anschließend an einem gegenüberliegenden Metallstab, die Pfeife wurde abgesprengt. Die Ränder des Lochs in der Kugel stülpten sie nach außen und brachten die Kugel wieder auf Temperatur. Bei etwa 1000°C wurde das Glas so weich, dass es in Tellerform geschleudert werden konnte. Vom Loch aus öffnete sich die Kugel und es entstanden Glasplatten mit einem Durchmesser von circa 1,20 Metern. Die Ränder wurden zu Rechtecken geschnitten und beispielsweise in Kirchenfenstern eingesetzt. Später wurde das Mondglas auch Butzenglas genannt.

Bis weit ins Mittelalter waren verglaste Fenster ein Zeichen von Luxus und somit auch ein Statussymbol. Das Fensterglas fand hauptsächlich Verwendung in Palästen, Kirchen und den Häusern reicher Kaufleute. Erst ab dem 15. Jahrhundert entwickelte sich die Glasmalerei. Künstler gestalteten Gläser wichtiger Gebäude mit historischen Erzählungen oder Wappen.

Venedig wird zum Zentrum der Glaskunst

Bis heute ist Venedig bekannt für seine Glasindustrie. Zu den Hochzeiten arbeiteten bis zu 8000 Menschen in venezianischen Glashütten. Um die eigene Industrie zu schützen durfte seit 1271 kein Glas importiert werden. Ausländische Glasmacher durften außerdem nicht mehr in Venedig arbeiteten. 20 Jahre später folgte der Erlass, dass man die Produktion auf die Insel Murano verlegte. So konnten die Verantwortlichen die Geheimhaltung sowie Fertigkeiten bei der Glaskunst beaufsichtigen.

Auch in Altare bei Genua entstand im 14. Jahrhundert eine Glasmetropole. Das lag besonders an den strengen Verordnungen in Venedig. Die Glasverfahren und verschiedenen Techniken verbreiteten ab dem 16. Jahrhundert von da aus Handwerker in ganz Europa, besonders in Frankreich.

Murano-Glas von heute

Zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert erlebte Venedigs Glasmacherkunst seinen Höhepunkt – sowohl bei der Glasherstellung als auch bei der Veredelung. Die Venezianer ließen sich von den Arbeiten aus dem islamischen Kulturkreis inspirieren und entwickelten die syrische Emailmalerei weiter. Schließlich gelang ihnen auch die Herstellung reinsten Kristallglases, welches durch absolute Farblosigkeit und einen einzigartigen Glanz bestach. Große Bekanntheit erlangten die typischen Pokale mit Hohlstielen und die Fußschalen mit dem Relief des Markuslöwenkopfes. Venezianische Glasmacher waren hoch angesehen, oft gelang ihnen sogar der Aufstieg in den Adelsstand.

Venezianische Glasperlen

Glasperlen sind bis heute die bekanntesten Perlen der Welt. Venezianische Glaskünstler beeinflussten im Laufe der Jahre zahlreiche Perlenhersteller weltweit. Bei dem zeitaufwendigen Verfahren fertigten sie jede Perle einzeln. Dabei wird ein Glasstab mit einer Lötlampe bis zum Schmelzen erhitzt und so lange um einen Metallstab gewickelt, bis die gewünschte Form entsteht. Nach und nach schmelzen die Glasmacher weitere Glasfarben auf der Grundperle. Verschiedene Dekorationselemente werden dabei ebenfalls aufgebracht. Die Perle muss anschließend langsam abkühlen. Die Glasmacher entfernen sie von der Stange, wodurch ein Loch entsteht, mit dem die „Wickelperlen“ später auf Ketten gefädelt werden. Die Glasperlen breiteten sich schnell über ganz Europa aus. Neben Gold, Elfenbein, Gewürzen und Seide gehörten die venezianischen Perlen lange Zeit zu den bekanntesten Zahlungsmitteln.

Fortschritte bei der Glasproduktion in England und Frankreich

Der englische Glasmacher George Ravenscroft entwickelte und patentierte 1674 das Bleikristall. Er erhielt den Auftrag, eine Alternative zum venezianischen Kristall zu erzeugen. So fand er heraus, dass Glas durch Zugabe von Bleioxid eine große Brillanz und Stärke erreichte und sich hervorragend zum Schleifen und weiteren Bearbeiten eignete. Europaweit wurde die Bleikristallerzeugung allerdings erst nach der Mitte des 18. Jahrhunderts bekannter.

1688 stellten die Franzosen in Saint Gobain erstmals gewalztes Glas her. Unter König Ludwig XIV entwickelten sie ein Plattengießverfahren, mit dem großflächige Glasplatten hergestellt werden konnten, vorzugsweise für Spiegel. Dabei verteilten sie geschmolzene Glasmasse durch Walzen auf einem Gießtisch verteilt und so lange gewalzt, bis das Glas gleichmäßig dick war. Nach dem Erkalten konnten die Glasmacher die Oberflächen glätten und ebnen. Anschließend brachten sie eine Schicht aus niedrigschmelzendem Metall an und es entstand das Spiegelglas.

Im 18. Jahrhundert verdrängte das barocke Schnittglas das venezianische Glas langsam. Indem Glasmacher in Böhmen, Schlesien, Brandenburg, Nürnberg und Sachsen dekorative Elemente in das Glas ritzten, konnte Glas erstmals individualisiert werden. Den ersten Glasofen mit Regenerativfeuerung präsentierte 1856 Friedrich Siemens. Im Laufe der Jahre entwickelte er den Wannenofen, der die Industrialisierung der Glasproduktion vorantrieb. Durch die maschinelle Produktion konnten sich auch Menschen, die nicht zur Oberschicht gehörten, Glas leisten.

 

Die Glas-Geschichte seit der industriellen Revolution

Friedrich Siemens

Die Industrialisierung revolutionierte die Glas-Geschichte. Der Wannenofen von Siemens ermöglichte die kontinuierliche maschinelle Fertigung. Dank der regenerativen Befeuerung sparte Siemens Energie und verbesserte die Temperaturführung in der Glasschmelzwanne. So entwickelten die Glasmacher und Techniker neue Ofentechniken, mit denen sie den „Pottofen“ ersetzten.

Anfang des 19. Jahrhunderts nutzten Glasbläser neue mechanische Hilfsmittel. Auch die Formen wurden erneuert. Joseph Magoun ersetzte die Holzformen 1847 mit Metallformen, die eine deutlich längere Haltbarkeit aufwiesen.

Die erste vollautomatische Glasmaschine von Michael Owens und E.D.L. Libby

In Pittsburgh entwickelten 1859 Alexander Mein und Howard M. Ashley die erste halbautomatische Flaschenblasmaschine. Allerdings waren hier weiterhin manuelle Arbeitsschritte nötig. 1903 gelang es Michael Joseph Owens schließlich gemeinsam mit E.D.Dl. Libby (Inhaber der Libbey Glass Co. in Toledo, Ohio), die erste vollautomatische Glasmaschine einzuführen, die Owens-Maschine. So konnten innerhalb einer Minute neun Flaschen produziert werden – eine enorme Steigerung der Flaschenproduktion war möglich.

Die Maschine arbeitete mit dem Saug-Blas-Verfahren. Dabei wurde das Glas in eine Metallform gesogen und automatisch abgeschnitten. In die Form ragte ein Pegel, der einen Hohlraum erzeugte. Durch das Blasen vergrößerte sich der Hohlraum. Es entstanden Glasflaschen. Diese waren allerdings deutlich schwerer als mundgeblasene Flaschen, weshalb zahlreiche Glasmacher parallel an besseren Produktionsverfahren arbeiteten.

Émile Fourcault: Das Fourcalt-Verfahren

Die Herstellung von Fensterglas war bisher sehr aufwändig. Große Zylinder wurden seitlich aufgeschnitten, mehrfach in einem Spezialofen erwärmt, gestreckt und gebügelt. 1902 patentierte Émile Fourcault, Leiter der Glashütte von Dampremy das Fourcault-Verfahren zur Herstellung von Flachglas. Erst durch die Zusammenarbeit mit Émile Gobbe 1904 gelang jedoch der Durchbruch.

Bei diesem Verfahren ziehen Handwerker das Glas kontinuierlich als Glastafel durch eine Schmelz-Düse senkrecht nach oben. Daraufhin „wandert“ es durch einen Kühlkanal und kann schlussendlich am oberen Ende zugeschnitten werden. 1914 eröffnete weltweit die erste Fabrik, die ausschließlich mechanisch gezogenes Flachglas produzierte. Ende des ersten Weltkrieges verbesserte der Belgier Emil Bicheroux das Verfahren. Geschmolzenes Glas goss er durch zwei Walzen, wodurch Glasplatten der gleichen Stärke entstanden.

I. W. Colburn und das Libbey-Owens-Verfahren

Zehnarmige Flaschenmaschine von Owens

Der Amerikaner Irving Wightman Colburn ließ ein ähnliches Flachglas-Verfahren 1904 patentieren. Auch er zog das Glasband senkrecht aus der Schmelz, leitete es dann aber über eine Umlenkrolle in einen horizontalen Kühlkanal um. Er verzichtete im Gegensatz zu Fourcault auf eine Ziehdüse, wodurch er auch Ziehstreifen und –wellen vermied. Bis 1912 versuchte er das Verfahren in einer eigenen Fabrik zu beherrschen. Der Erfolg blieb jedoch aus, er musste Insolvenz anmelden.

Das Patent ging an die Toledo Glass Company. 1917 kam das nun unter dem Namen „Libbey-Owens-Verfahren“ bekannte Prinzip zur industriellen Anwendung. Im Gegensatz zum Fourcault-Verfahren gab es hier eine einfachere Kühlung, mehrere Ziehmaschinen arbeiteten an einer Glasschmelzwanne. Der Kühlofen konnte beliebig lang sein, wodurch die Produktionsgeschwindigkeit verdoppelt wurde. In der Folgezeit arbeiteten Fabriken mit dem Fourcault- und dem Libbey-Owens-Verfahren parallel, bis die Plate Glass Company 1925 mit dem Pittsburgh-Verfahren die Produktionsgeschwindigkeit erneut steigerte.

Die erste Glasmaschine von Ingle & Smith nach dem Blas-Blas-Verfahren

Im Jahr 1925 gab es einen weiteren wichtigen Schritt in der Glas-Geschichte. Ingle und Smith ließen die erste IS-Maschine (benannt nach den Erfindern) patentieren. Diese Glasmaschine arbeitete mit dem Blas-Blas-Verfahren, wenige Jahre später wurde sie schon in der Industrie genutzt.

Bei diesem Verfahren fällt der Glastropfen von einem Tropfenspeiser in eine Metallform und wird von unten gegen den aufgesetzten Vorformboden geblasen. Anschließend wird der Tropfen in der Fertigform rückerwärmt und fertig geblasen. In leicht modifizierter Art nutzen Massenfabriken bis heute diese Produktionstechnik zur Hohlglaserzeugung.

„Float“ – Flachglas von Pilkington

In den 1960er Jahren entwickelte die englische Firma Pilkington Brothers Ltd. ein neues Prinzip bei der Flachglasfertigung, die „Float-Technik“. Glasschmelze wird dabei auf ein Bad aus flüssigem Zinn gegossen und anschließend weiterbearbeitet. Die Floatglasfertigung ermöglichte eine hohe Produktivität und eine Spiegelglasherstellung ohne weiterer Nachbearbeitungsschritte. Das fertige Flachglas hatte zudem eine hohe optische Qualität und eine hervorragende Vollendung.

Im Laufe der 1970er Jahre verbesserten Ingenieure dieses Verfahren, wodurch es alle Übrigen nahezu vollständig verdrängte. Die Idee hinter der Float-Technik kommt von William E. Heal, der diese bereits 1902 patentieren ließ. Pilkington entwickelte zwischen 1952 und 1959 dieses neuartige Verfahren mit erheblichem Kontenaufwand. Eigentlich wollten die Hersteller damit nur einen Ersatz bei der Spiegelglasproduktion finden. Doch die Qualität des Glases setzte sich durch.

Die Glas-Geschichte bis heute

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeiteten viele Techniker daran, die Glasproduktion und die Glasqualität immer weiter zu verbessern. In den 1970ern steigerte sich das Produktionsvolumen erheblich, da elektronisch gesteuerte Maschinen als Hilfsmittel zur Glasherstellung gebaut wurden.

Mit immer modernerer Technik und neuen Erkenntnissen werden bis heute wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, wie man Glas verfeinern und neue Anwendungsmöglichkeiten entwickeln kann. So gibt es mittlerweile computergesteuerte Kontrollsysteme, Mikro-Elektronik und neue Beschichtungen. Gläser sind hervorragende Verpackungen für Getränke, Lebensmittel, Medizin und Parfums. Eine Hülle aus Glas ist hygienisch sauber und sicher schützend, weshalb Produkte lange frisch bleiben und sich Aromen nicht verfälschen. Aber auch als Baustoff, in der Forschung und Wissenschaft sowie bei der Kommunikationstechnologe findet Glas Anwendung.

Die Glas-Geschichte ist also abwechslungsreich und immer neue Zweige und Erfindungen ranken sich um dieses Material. Wer weiß, auf welche Neuerungen wir in Zukunft stoßen.

 

 


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